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SOFC im Bosch Global Data Center

Sichere und netzunabhängige Stromversorgung für Rechenzentren

Viel elektrische Energie und eine unterbrechungsfreie Stromversorgung ohne Leistungsschwankungen: Genau das brauchen Rechenzentren, unabhängig von ihrer Größe. Um diesen störungsfreien Betrieb sicherzustellen, sind systemrelevante Anlagenkomponenten in der Regel doppelt vorhanden, um die permanente Verfügbarkeit der Server zu gewährleisten. SOFC-Brennstoffzellensysteme sind mit ihren vielen technologischen Vorteilen eine ideale Lösung für diese anspruchsvolle Aufgabe.

Bosch Global Data Center. Zwei Bosch-Mitarbeitende im Serverraum.

Den Strom, den ein Rechenzentrum benötigt, direkt am Ort des Verbrauchs dezentral und unabhängig von einem externen Netz zu erzeugen – das ist ein neuer Ansatz im Markt. Wir gehen diesen Weg mit den von uns entwickelten SOFC-Brennstoffzellensystemen und erproben sie in einem unserer unternehmenseigenen Rechenzentren, dem Global Data Center in der Region Stuttgart. Im Pilotbetrieb, versorgt das Brennstoffzellensystem der Leistungsklasse 100 kW zunächst Server. Perspektivisch können SOFC-Brennstoffzellenanlagen den kompletten Energiebedarf eines Rechenzentrums decken und dabei auch die Stromversorgung im Fall einer Netzstörung übernehmen.

Im Bosch Global Data Center gehen rund um die Uhr Daten von Bosch-Standorten aus aller Welt ein: Riesige Räume sind vollgepackt mit Servern, die laut hörbar ihre Arbeit verrichten und Daten verarbeiten, mit ihnen rechnen, sie speichern. Mit dem stündlichen Strombedarf des Rechenzentrums ließe sich ein Haushalt von drei bis vier Personen ein Jahr lang mit elektrischer Energie versorgen.

„Auf den Servern unseres Rechenzentrums laufen permanent Operationen, die höchste Rechenleistungen benötigen. Beispielsweise Simulationsprogramme der Forschungskollegen aus den Bereichen Künstliche Intelligenz oder Machine Learning, die Tage oder Wochen in Anspruch nehmen“, sagt Manuel Gayring, der die technische Infrastruktur der Bosch-Rechenzentren betreut. „Ist eine dieser Berechnungen fertig, startet automatisch die nächste. Unsere High-Performance-Computer laufen an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr.”

Manuel Gayring, Bosch-Mitarbeiter im Bosch-Rechenzentrum

Oberste Priorität: jederzeit störungsfreier Betrieb

So ist ein Rechenzentrum der höchsten Verfügbarkeitsklasse aufgebaut.

Was das Auge des Betrachters beim Gang durch die Energiezentrale und die Serverräume des Bosch Global Data Center auf den ersten Blick wahrnimmt: Es dominieren zwei Farben, Rot und Blau. Die Leitungen, von den externen Netzanschlüssen kommend und wie mit dem Lineal gezogen verlegt, sind entweder rot oder blau ummantelt. Jeder Server verfügt über zwei separate, farblich gekennzeichnete Stromversorgungen, die komplett voneinander getrennt sind und die sich nirgends im Gebäude kreuzen. „Die Aufgabe unseres Teams ist, dass das Rechenzentrum rund um die Uhr an sieben Tage die Woche zur Verfügung steht. Ohne die kleinste Unterbrechung in der Stromversorgung und ohne jede Netzschwankung“, erklärt Manuel Gayring. “Deshalb sind alle systemrelevanten Komponenten doppelt vorhanden.” Auch für den Fall, dass beide elektrischen Pfade Fehler melden, ist vorgesorgt: Die Stromversorgung wird im täglichen Betrieb von einem Schwungradspeicher, also einer mechanischen Energiespeicherung, abgesichert. Bei einer Unterbrechung der Stromzufuhr reicht die Energie der Schwungmasse lange genug, um einen leistungsstarken Dieselmotor als Generator für die Sekundärversorgung hochzufahren. Er erzeugt dann den Strom für das gesamte Rechenzentrum.

Das Bosch Global Data Center ist nach der Verfügbarkeitsklasse Level 3 zertifiziert. Das bedeutet, dass alle systemrelevanten Anlagenkomponenten mindestens doppelt vorhanden – auch als redundant bezeichnet – und unabhängig voneinander sind. An einem weiteren Bosch-Standort ist ein zweites Rechenzentrum der Verfügbarkeitsklasse Level 3 eingerichtet. Die beiden Data Center agieren im Verbund und erfüllen damit das Dual Site Level 4 – die höchstmögliche Zertifizierungsstufe.

Zwei Bosch-Mitarbeitende vor einem SOFC-Brennstoffzellensystem
Ein SOFC-Brennstoffzellensystem versorgt Server im Bosch Global Data Center mit elektrischer Energie.
Dieselgenerator in einem Rechenzentrum
Notstrom-Aggregate wie Dieselgeneratoren können zukünftig entfallen, wenn SOFC-Systeme in entsprechender Skalierung für die Primärenergie-Versorgung eingesetzt werden.
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SOFC-Systeme – die neue Lösung für den Energiebedarf von Rechenzentren

Die von uns entwickelten SOFC-Brennstoffzellensysteme sind ein innovativer Weg, Strom unabhängig von einem externen Netz und versorgungssicher bereitzustellen. Sie produzieren Elektrizität aus gasförmigen Brennstoffen direkt am ihrem Einsatzort, umweltfreundlich und mit Kostenvorteilen. Das Entwicklungsziel ist, sie künftig mit grünem Wasserstoff und damit klimaneutral zu betreiben.

Zwei Bosch-Mitarbeitende vor einem SOFC-Brennstoffzellensystem
Umgesetzt wird der Pilot für die Anwendung im Bosch Global Data Center von Bosch Research und dem SOFC-Team bei Bosch.

SOFC-Systeme können zukünftig und bei entsprechender Skalierung Rechenzentren komplett unabhängig von den Versorgungsnetzen externer Stromversorger machen:

  • In einer ersten Ausbaustufe lassen sie sich einsetzen, um ein Rechenzentrum mit Primärenergie zu versorgen, während das externe Stromnetz lediglich Leistungsspitzen ausgleicht. Als Redundanzebene dienen in diesem Fall weiterhin Notstrom-Aggregate wie Dieselgeneratoren.
  • Installiert man zusätzliche SOFC-Systeme, übernehmen diese den Ausgleich von Leistungsspitzen. Die Verbindung zum externen Stromnetz dient in dieser Konfiguration nur noch als Sicherheitsreserve für Störungen der Primärversorgung.
  • Diese Reserve lässt sich ebenfalls ausschließlich mit SOFC-Systemen abdecken: In entsprechender Zahl installiert, stellen sie die unterbrechungsfreie Stromversorgung sicher und machen Rechenzentren autark von externen Energieressourcen wie dem Stromnetz oder Zusatzaggregaten. Mit grünem Wasserstoff lässt sich ein von SOFC-Brennstoffzellen gespeistes Rechenzentrum klimaneutral betreiben.
Infografik zum SOFC-Pilot im Bosch Global Data Center. Die Grafik zeigt, dass SOFC Teil der Grundlast abdeckt.

Im Praxistest

Projektziel unserer Pilotanlage ist der Praxisnachweis, dass die Integration von SOFC-Anlagen in Rechenzentren die hohen Verfügbarkeits- und Sicherheitsanforderungen unabhängiger Prüforganisationen erfüllt. Am Global Data Center ist der TÜV IT vom Projektstart an beauftragt, die jeweiligen Fortschritte und die Konformität mit allen Sicherheitsstandards zu zertifizieren.

Der Pilotbetrieb der Brennstoffzellensysteme am Bosch-Rechenzentrum wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms gefördert.

Logo des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz
Sebastian Schmaderer ist bei Bosch Research verantwortlich für das System-Engineering und die Skalierung der SOFC-Pilotanlage

Die große Stärke von SOFC-Systemen als Lösung für Rechenzentren ist ihre Skalierbarkeit und Flexibilität.

Sebastian Schmaderer, Bosch Research

Die Systemvorteile im Überblick

SOFC-Brennstoffzellensysteme sind modulare, skalierbare Bausteine. Sie wachsen mit dem Bedarf von Rechenzentren, sind hocheffizient und haben Kostenvorteile.

100kW-Plug-and-Play-Systeme als Serienprodukte

Zur Demonstration der SOFC-Vorteile integrieren wir in die Stromversorgung unseres Global Data Centers zunächst ein SOFC-System der Leistungsklasse von 100 kW, zusammengesetzt aus einzelnen SOFC-Brennstoffzellen-Units. Systeme dieser Größenordnung sind zur künftigen Serienfertigung als vorgefertigte Kundenlösungen vorgesehen. In Rechenzentren werden sie entsprechend dem Energiebedarf zu größeren Einheiten skaliert. Sebastian Schmaderer, bei Bosch Research verantwortlich für das System-Engineering und die Skalierung der SOFC-Pilotanlage, erläutert die Projektschritte: „Zu Beginn des Pilotbetriebs produzieren wir mit dem SOFC-System Strom, den wir in das Versorgungsnetz des Rechenzentrums einspeisen. In einem zweiten Schritt emulieren wir das Lastprofil von Servern, versorgen mit unserem Brennstoffzellen-System als Inselnetz also Quasi-Server.” Als praktischen Vorteil der Technologie hebt Sebastian Schmaderer die flexible Standortwahl für die Units hervor. “Bei der geforderten Redundanz der Stromversorgung eines Rechenzentrums macht sie neue Lösungen möglich“, sagt der Systemingenieur. Etwa, indem zwei separate SOFC-Systeme mit jeweils eigener Gasversorgung räumlich getrennt voneinander betrieben werden.

Gute Planung senkt Investitionsaufwand und Betriebskosten

Werden die SOFC-Systeme nahe der Serverräume installiert, können Kabelwege und damit Investitionskosten und Leitungsverluste minimiert werden. Die Wärmeenergie der SOFC-Brennstoffzellen ist über Wärmetauscher nutzbar. In wassergekühlten Rechenzentren lässt sich mit dem höheren Temperaturniveau der Brennstoffzellenabwärme das niedrigere Niveau der IT-Abwärme anheben, beispielsweise um Brauchwasser zu erwärmen oder Büroräume zu beheizen. “Berücksichtigt man diese Faktoren bereits bei der Planung eines Rechenzentrums, spielt die SOFC-Technologie alle ihre Vorteile aus”, sagt Manuel Gayring.

Serverräume des Bosch Global Data Center, Leitungen in rot und blau

Innovative Lösung für konservative Anwendung

Für den Betrieb im Global Data Center ist die SOFC-Pilotanlage so konzipiert, dass sie ihre permanente Betriebssicherheit als geschlossenes System selbst gewährleistet. Die einzelnen Brennstoffzellen-Units werden so betrieben, dass das Gesamtsystem den Ausfall einzelner Einheiten kompensieren kann. In diesem Betriebsmodus gewährleistet das System eine sogenannte erhöhte Redundanz. Denn Sicherheit und garantierte Verfügbarkeit sind das oberste Gebot bei der Stromversorgung eines Rechenzentrums. „Mit unserem Pilotprojekt zeigen wir, dass sich auch betont konservativ geplante Anwendungen mit innovativen technischen Lösungen realisieren lassen“, resümiert System-Ingenieur Sebastian Schmaderer.

SOFC im Bosch Global Data Center im Überblick

Im Bosch Global Data Center ist ein SOFC-System der Leistungsklasse 100 kW im Einsatz. Mit ihm wird der Betrieb unter den anspruchsvollen Versorgungsbedingungen eines Rechenzentrums erprobt. Die Vorteile der SOFC-Technologie für Rechenzentren liegen unter anderem in der Unabhängigkeit von Netzbetreibern und der flexiblen Planbarkeit der Systeme.

Ziel

Nachweis der Konformität der Technologie mit hohen Verfügbarkeitsstandards.

Anwendungsbereich

Dezentrale und netzunabhängige Stromversorgung in Rechenzentren.

Einsatzort

Bosch Global Data Center in der Region Stuttgart. Hier werden Daten von Bosch-Standorten weltweit verarbeitet

Portrait Manuel Gayring

Die vielen praktischen Vorteile von SOFC-Systemen eröffnen neue Möglichkeiten für das Gebäudemanagement, speziell bei der Neuplanung von Rechenzentren.

Manuel Gayring, zuständig für die technische Infrastruktur der Bosch-Rechenzentren
Unsere SOFC-Pilotanlage im Bosch Global Data Center
  1. installierte SOFC-Units im Rechenzentrum
  2. kW elektrische Energie (nominal)
  3. Betriebsstart des SOFC-Systems

Das Bosch SOFC-System befindet sich in der Pilotierungsphase. Alle hier genannten fachlichen Angaben sind technologische Entwicklungsziele und beziehen sich auf den Beginning of Life.

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